
Wissen-News Leipziger erforschen, wie unser Gehirn Handlungspläne organisiert
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08. Mai 2025, 11:41 Uhr
Wie strukturiert das Gehirn die Beziehungen zwischen verschiedenen Handlungsplänen? Dieser Frage sind Forschende des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig (MPI CBS) in einer neuen Studie nachgegangen – mit interessanten Ergebnissen.
Die Menschen haben im Laufe der Evolution viele unterschiedliche Handlungspläne entwickelt. Dabei führen bestimmte Handlungen immer wieder zu anderen Ergebnissen, die wir dann flexibel nutzen können. So kann beispielsweise ein und derselbe Tastendruck zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, je nachdem, ob er auf einer Computertastatur, einem Radio oder auf einer Fernbedienung ausgeführt wird. Wir haben oft mehrere Alternativen zur Auswahl, so dass die Auswahl einer Handlung einen Vergleich der verfügbaren Handlungsergebnisse erfordert, was ein anstrengendes Problem darstellen kann.
Gehirn erstellt Karten, um Handlungspläne zu organisieren
"Wie vergleichen wir die vielen im Gedächtnis gespeicherten Handlungspläne und wählen den am besten geeigneten aus?", fragt Irina Barnaveli vom MPI CBS. "Wir schlagen vor, dass diese Assoziationen zwischen Handlung und Ergebnis in einer kognitiven Karte im Hippocampus organisiert werden, die eine effiziente Auswahl von Handlungen aus dem reichhaltigen menschlichen Verhaltensrepertoire unterstützen könnte."
Der Hippocampus ist ein Teil des Gehirns, der an der Bildung von Erinnerungen und der Navigation im Raum beteiligt ist. Die Navigation hänge stark von der Erstellung von Raumkarten ab, so die Studienautorin. Ihre Untersuchung deutet darauf hin, dass wir ähnliche Karten erstellen, um Handlungspläne zu organisieren und auszuwählen und so die Wahrnehmung mit der Handlung zu verknüpfen
Klassische Unterscheidung des Gedächtnis in Frage gestellt
In der virtuellen Realität führten die Studienteilnehmenden eine motorische Interaktionsaufgabe durch, bei der sie lernten, das Fliegen und Fangen eines virtuellen Balls durch verschiedene Aktionen zu steuern. Später verglichen sie die erlernten Handlungen, während ihre Gehirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) überwacht wurde. Die Wissenschaftler fanden Muster der Gehirnaktivität, die typischerweise als Signaturen des "kognitiven Mappings" interpretiert werden, was darauf hindeutet, dass das Gehirn Handlungspläne abstrahiert und in einer kartenähnlichen Darstellung organisiert.
Diese Karte lässt sich auch am Verhalten der Teilnehmenden ablesen: Je näher die Handlungen innerhalb der hypothetischen Karte beieinander lagen, desto ähnlicher wurden sie von den Studienteilnehmenden wahrgenommen. Erstaunlicherweise tauscht diese kognitive Karte im Hippocampus Informationen mit dem motorischen System aus, um mehrere Handlungspläne miteinander in Beziehung zu setzen.
"Die kartenähnlichen Darstellungen könnten daher zeigen, wie Menschen mit ihrer Umwelt in einem sehr allgemeinen Sinne interagieren, weit über den spezifischen Fall der räumlichen Navigation hinaus", erklärt Christian Doeller, Direktor der Abteilung Psychologie am MPI CBS. "Indem sie die Handlungsauswahl unterstützen, könnten kognitive Karten dazu beitragen, den Erwerb und die Nutzung eines breiten Repertoires von Handlungsplänen zu optimieren." Diese Entdeckung stelle die klassische Unterscheidung in Frage zwischen deklarativem, also Wissensgedächtnis, und prozeduralem Gedächtnis, also dem Verhaltensgedächtnis, und deute darauf hin, dass zielgerichtete Handlungen auf mehreren neuronalen Systemen beruhen, die Handlungsgenerierung, motorische Planung und Gedächtnis beinhalten.
Link zur Studie
Die Studie "Hippocampal-entorhinal cognitive maps and cortical motor system represent action plans and their outcomes" ist im Fachjournal "Nature" erschienen.
cdi/pm
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 17. März 2025 | 12:30 Uhr