"Voltage" Leipzig: Futuristische Ballett-Performance bricht mit alten Konventionen
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11. Mai 2025, 03:00 Uhr
Technologie trifft Mensch, Code trifft Bewegung, Moderne trifft Ballett – die Premiere im Kunstkraftwerk Leipzig "Voltage" ist die erste Inszenierung ihrer Art überhaupt. Das einzigartige Stück zeigt, wie man mit traditionellen Ballettkonventionen bricht und moderne Technik nutzt, um wiederum eine neuartige, interaktive Bühnenerfahrung zu schaffen.
- Ein innovatives Ballett-Stück hat am Sonntag seine Erstaufführung im Kunstkraftwerk Leipzig.
- Die Tanzchoreografien für die avantgardistische Performance zu entwickeln, war eine Herausforderung.
- Im Stück werden Fragen über das Verhältnis von Menschlichkeit und Technologie aufgeworfen.
Sechs Tänzerinnen und Tänzer in knappen Leibchen aus silbrigem Gewebe tanzen über eine schwarze, rutschige Oberfläche. Sie werden gefilmt und immer wieder erscheinen ihre zuckenden, sich windenden und sich immer wieder verknotenden Körper als Projektionen an den Wänden des Raumes in dem alten Fabrikgebäude.
Traditionelles Ballett trifft technologische Avantgarde
Immersives Ballett ist ein Sinneserlebnis. Die künstlerische Leitung für das Stück hat Nicolas Landrieux, ein französischer Sounddesigner: "Meine Idee war eine Mischung zu machen, die verständlich bleibt, also zu vermitteln zwischen der Technologie und einer Avantgarde", erklärt Landrieux bei MDR KULTUR. "Auf der anderen Seite haben wir den Balletttanz, eine Ballett-Choreografie. Die sehen ja normalerweise eher klassisch aus. Meine Idee war, dies zusammen zu mischen und irgendetwas Besonderes herausnehmen, das noch nicht gesehen ist."
Landrieux wollte etwas schaffen, was man so noch nicht gesehen hat und was trotzdem nicht befremdlich wirkt. Sounds, Ballett und Technik zusammenzubringen, das war seine große Herausforderung. Für den Leiter des Balletts der Musikalischen Komödie ist diese Inszenierung auch eine komplett neue Erfahrung, auch wenn es bereits seine dritte Zusammenarbeit mit dem Kunstkraftwerk Leipzig ist.
Meine Idee war eine Mischung zu machen, die verständlich bleibt, also zu vermitteln zwischen der Technologie und einer Avantgarde.
"Diese Location bietet sich perfekt an für diese Art von Kunst und unser täglich Brot ist Operette, Musical und klassisches Ballett." Aber was bei Voltage auf der Bühne passiert, das ist für Landrieux alles andere als gewohnt: "Erstens die Musik, die sehr schwer zu tanzen ist, weil man muss permanent zählen und sich sozusagen nach der Musik versuchen, zu richten. Und das Bewegungsvokabular, das macht es interessant und spannend für alle."
Komplexe Choreografien
Das Bewegungsvokabular, also die Sprache der Bewegungen, ist eine andere im immersiven Ballett. Die Tänzerinnen und Tänzer müssen sich nicht nur im Takt des Sounds bewegen, sondern auch auf die Projektionen an den Wänden achten, denn mal sind sie selbst dort live zu sehen, mal müssen sie reagieren.
Drei Choreografen mit drei individuellen Handschriften hat das 45-minütige Stück Voltage. Für die Choreografinnen Sara Brandao und Lolita Valau war die eigentliche Herausforderung aber, "dass trotzdem der Fokus auf dem Tanz liegt und die Projektion das Ganze unterstützt und dass das alles im Zusammenhang funktioniert."
Menschlichkeit, Technologie, Liebe
Zumal sie die Inspirationen und Ideen der Tänzer miteinfließen lassen wollten, erklärt Sara Brandao: "Die Emotionen, die mit Technik verbunden sind, Frustration. Was ist der Kontrast zwischen der Menschlichkeit und der Menschlichkeit mit Technologie, in dem Moment, wo die Technologie stirbt? Was ist die einzige Art und Weise, das auszudrücken? Das hat Lolita sehr gut gemacht. Wie? Mit Liebe."
Liebe ist die Lösung. Mit dieser simplen und zugleich universellen Botschaft will man ein möglichst breites Publikum in das Haus locken. Immerhin ist es eine Weltpremiere für ein neues immersives Ballett, erklärt Kunstkraftwerk-Betreiber Paolo Löffler: "Zuerst wurden die Sounds, die Visuals entwickelt und dann hat die Musikalische Komödie darauf den Tanz entwickelt."
Ein Leben ohne Smartphone und Internet?
Das immersive Ballett ist auch für geübte Tänzer etwas Besonderes – denn sie tanzen nicht auf einer Bühne und sind umringt von den Zuschauenden. "Auch das Publikum ist supernah. Also, sie können alles sehen, was wir machen. Aber ich glaube, das könnte man auch genießen. Von beiden Seiten", schildert die Tänzerin Irem Erden.
Die Geschichte entfaltet sich in fünf Akten. Erst lebt der Mensch glücklich ohne Technologie, dann entdeckt er die Technologie und spielt mit ihr, dann rebelliert er und schaltet die Technik einfach ab. Spätestens hier könnten sich viele Zuschauerinnen und Zuschauer ertappt fühlen. Denn: Wer hatte sie noch nicht, diese kurze romantische Idee von einem Leben ohne Internet, Smartphones und Kabel. Und das ausgerechnet in einer immersiven Ballettvorstellung.
Redaktionelle Bearbeitung: tis
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 11. Mai 2025 | 14:15 Uhr