Grundschule Debatte um Schreibschrift - Wissenschaftlerin für Abschaffung
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23. Mai 2025, 07:27 Uhr
Bei der Schreibschrift werden alle Buchstaben auf dem Papier miteinander verbunden. Aber die Schreibschrift wird immer weniger genutzt. In einigen Bundesländern müssen Grundschüler bereits zuerst die Druckschrift und dann die Schreibschrift lernen; in Niedersachsen zum Beispiel. Der dortige Landesschülerverband fordert sogar, die verpflichtende Schreibschrift abzuschaffen. Eine Lehrerin gibt ihnen Recht.
- Die Schüler hätten Probleme, nach der Druckschrift auch noch die Schreibschrift zu erlernen, sagt die Pädagogin Odersky.
- Der Pädagogin zufolge ist die Druckschrift bei vielen Schülern präsenter als die Schreibschrift.
- Die Schreibschrift ist anstrengender für die Hand, daher setzen Erwachsene zwischendurch den Stift ab.
Überholt und realitätsfern sei die verbundene Schreibschrift, argumentiert der niedersächsische Landesschülerrat. Diese Schönschrift zu lernen, bedeute für viele Kinder vor allem Frust und Zeitverlust und es führe dazu, dass individuelle Handschriften abgewertet würden. Der Schülerrat ist der Auffassung, dass es völlig ausreicht, dass die Kinder eine Grundschrift lernen, um damit selbst eine flüssige Schreibweise zu entwickeln.
Vereinfacht gesagt besteht so eine Grundschrift aus Druckbuchstaben. Die Idee ist, dass der Drang zur Schnelligkeit die Schüler dazu bringt, für sie flüssige Verbindungen zu suchen.
Schreibschrift im zweiten Schritt schwieriger zu lernen
Die Grundschulpädagogin Eva Odersky, sagt: "Klar ist da was dran." Sie befasst sich seit vielen Jahren wissenschaftlich mit dem Schreiben, vor allem mit dem Handschreiben. Und aus wissenschaftlicher Sicht begrüße sie die Forderungen des niedersächsischen Landesschülerrats ausdrücklich, sagt sie:
"Die Kinder sind meistens schon recht gut automatisiert in der Druckschrift und müssen das dann ja letztlich überlernen. Und insofern ist natürlich die Idee, die Schrift einfach weiterzuentwickeln zu einer teilverbundenen Schrift – also nicht zu einer ganz verbundenen, sondern zu einer teilverbundenen Schrift, wie sie alle Erwachsenen schreiben - natürlich ein kluger Gedanke."
Odersky: Druckschrift ist bei vielen präsenter
Und nicht nur das Erlernen der Schreibschrift mache den Kindern zu schaffen. Auch die Umsetzung falle ihnen lange schwer, sagt Odersky. Mit Blick auf ihre Studien sagt sie: "Da sehen wir eben immer wieder, dass Kinder, die seit Jahren Schreibschrift schreiben, zum Teil einzelne Buchstaben zunächst in der Luft ausführen wie in der Druckschrift. Und daran merken wir, dass sie in ihrem mentalen Programm, welche Buchstaben sie wie ausführen, eben immer noch diese alte Druckschrift noch präsenter haben als die Schreibschrift, die sie schreiben."
Aber diese verbundene Schreibschrift ist in manchen Ländern nun mal Pflicht. Neben Niedersachsen ist das etwa in Sachsen der Fall. Katrin Reichel-Wehnert, Referentin für Grundschulen im dortigen Kultusministerium, erklärt: "Verbindlich ist, dass die Kinder eine verbundene Handschrift, das ist in unserem Fall die Schulausgangsschrift, lernen, weil diese vor allen Dingen durch ihre Formklarheit der Buchstaben gekennzeichnet ist und damit auch zügiger geschrieben werden kann."
Schreibschrift ist anstrengender
Für die Schreibexpertin Odersky ist das unverständlich. Die Buchstaben zu verbinden, mache das Schreiben eben nicht zügiger, sagt sie: "Wir wissen aus Studien in Deutschland und auch international nämlich seit langem, dass verbundenes Schreiben, also Schreibschriftschreiben, langsamer ist und weniger flüssig ist als Unverbundenes und Teilverbundenes zu schreiben."
Die Erklärung: Je länger der Stift ununterbrochen auf dem Papier geführt wird, desto höher wird der Druck. Und weil das anstrengend sei für die Schreibhand, setzten Erwachsene in der Regel nach ein paar Buchstaben ab und dann wieder neu an – weil es eben schneller gehe, sagt Odersky.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 23. Mai 2025 | 06:54 Uhr