Mario Voigt (CDU), Ministerpräsident von Thüringen, hält eine Regierungserklärung zum Thüringen-Monitor im Thüringer Landtag. 1 min
Im Video: Die Ergebnisse des Thüringen-Monitors waren am Donnerstag Thema im Landtag. Laut der Studie sind viele Thüringer für die Demokratie, aber unzufrieden mit ihrer Umsetzung. Ministerpäsident Voigt sieht das als Auftrag. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Landtag Thüringen-Monitor: Mehr Antisemitismus im Freistaat

15. Mai 2025, 13:16 Uhr

In einer Regierungserklärung im Landtag hat Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) vor Rechtsextremismus und Antisemitismus in Thüringen gewarnt. Dabei bezog er sich auf Erkenntnisse aus dem Thüringen-Monitor - einer repräsentativen Befragung zur politischen Stimmung im Land, die seit 25 Jahren regelmäßig erhoben wird.

Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) hat vor einem Anwachsen von Antisemitismus in Thüringen gewarnt. Voigt sagte in seiner Regierungserklärung zum Thüringen-Monitor am Donnerstagvormittag im Landtag, der neue Antisemitismus tarne sich oft als Kritik am Staat Israel.

Besorgniserregend sei außerdem der wachsende Rechtsextremismus im Land. Seine Regierung werde diesen Gefährdungen entschieden entgegentreten, sagte Voigt. Er wolle beweisen, dass der Staat gut arbeitet - dass Schulen und Gesundheitssystem funktionierten und sich die Bürger sicher fühlen könnten.

Unsere Demokratie lebt, aber sie ist nicht sorgenfrei.

Mario Voigt Ministerpräsident

Mehrere Ausprägungen von Antisemitismus in Thüringen

Voigt besorge besonders, dass alle drei Ausprägungen von Antisemitismus in der Studie angestiegen seien im Vergleich zum Vorjahr. Der Thüringen-Monitor 2024 sieht beispielsweise einen deutlichen Anstieg bei der Zustimmung zu sekundärem Antisemitismus von 39 auf 48 Prozent. Sekundärer Antisemitismus zeigt sich etwa in einer Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus.

Mario Voigt (CDU), Ministerpräsident von Thüringen, steht am Rednerpult während der Sitzung des Thüringer Landtags.
Der Thüringen-Monitor war am Donnerstag Thema im Landtag. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Primärer Antisemitismus betrachtet Jüdinnen und Juden als von Natur aus minderwertig und schreibt ihnen als vermeintlich homogene Gruppe negative Eigenschaften oder Verschwörungen zu. Diese Ideologie prägte unter anderem den Antisemitismus im Nationalsozialismus. Im Thüringen-Monitor stimmten acht Prozent der Befragten der Aussage zu: "Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns".

Der israelbezogene Antisemitismus stieg um elf Prozentpunkte an. Die Studienautoren vermuten, dass dies vor allem an der Kritik an dem militärischen Vorgehen Israels seit dem Angriff der terroristischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 liegt.

Thüringen-Monitor: Mehrheit hält Demokratie für beste Staatsform

Der Thüringen-Monitor wird jährlich im Auftrag der Staatskanzlei von Forschern der Friedrich-Schiller-Universität Jena erhoben. Die repräsentative Studie erforscht Stimmungen und politische Einstellungen im Land.

Voigt sagte, es sei ein Grund zur Freude, dass 88 Prozent der Befragten die Demokratie für die beste Staatsidee hielten. Aber nur 43 Prozent der Befragten gaben an, zufrieden mit der Umsetzung der Demokratie in der Praxis zu sein. Das sei ein Alarmzeichen. "Unsere Demokratie lebt, aber sie ist nicht sorgenfrei," sagte Voigt.

Für den Zusammenhalt der Gesellschaft will Voigt auf eine gemeinsame Thüringer Identität setzen - so wie sie sich erst kürzlich beim Thüringen-Tag in Gotha gezeigt habe, als eine Viertelmillion Menschen gemeinsam ihr Land gefeiert hätten.

Reaktionen von AfD, BSW und Linke

AfD-Chef Björn Höcke widersprach Voigt: Indem der Thüringen-Monitor vor Rechtsextremismus warne, diffamiere er die AfD-Anhänger in Thüringen. Die Erhebung sei wissenschaftlich unseriös - außer bei den Erkenntnissen über die Unzufriedenheit von Menschen mit der Demokratie, an diesem Punkt würde die Erhebung mit seinen Erkenntnissen übereinstimmen.

Frank Augsten vom BSW und Christian Schaft von den Linken nannten den Thüringen-Monitor dagegen eine Art Langzeit-EKG zur Stimmung im Land. Die sei nicht gut, und gerade die gesunkene Zustimmung in Thüringen, wie die Demokratie praktiziert werde, sei alarmierend.

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MDR (usb/fno/dpa)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 15. Mai 2025 | 11:00 Uhr

73 Kommentare

Nachgedacht Gestern

Um dem Antisemitismus entgegen zu treten, gehört auch eine offene Kritik aus der Politik, an dem Vorgehen der israelischen Politik.
Wie z.B.von Michael Lüders (BSW) er war zu Gast bei „Hart aber fair“ und hat u.a. über den Krieg in Gaza diskutiert.
Oder auch die Beschlüße und Anträge auf dem Parteitag der Linken, in einem Beschluss heißt es : „Israel verwendet das Aushungern der Zivilbevölkerung als Methode zur Beschleunigung der nachhaltigen Zerstörung aller Lebensgrundlagen und dauerhafte Zwangsvertreibung der Palästinenser:innen.“
Auch der Antrag aus Berlin der vorsah, dass deutsche Behörden die „Arbeitsdefinition-Antisemitismus“ der „International Holocaust Remembrance Alliance“ (IHRA) durch die Jerusalemer Erklärung ersetzen sollen. Laut dieser Definition ist auch die BDS-Bewegung, die Israel boykottieren will, nicht zwingend antisemitisch,
der Antrag wurde angenommen.

Nachgedacht Gestern

Dazu scheint zu kommen, dass die Bürger nicht genügend darüber aufgeklärt werden, dass bei weitem nicht alle Juden auch gleich Zionisten sind.
Des weiteren, ist es tatsächlich problematisch das z.B. der Kanzler Merz (CDU), den Regierungschef von Israel, in Deutschland willkommen heißt, obwohl der Internationale Gerichtshof in Den Haag auf Nethanjahu einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen ausgestellt hat. Auch will Deutschland, meiner Kenntniss nach weiter Waffen an Israel liefern, obwohl die Regierung angekündigt hat wieder in den Gaza einzumarschieren. Bisher hat das Vorgehen Israels im Gaza tausende tote Palestinänser gefordert
Jüdische
Friedensorganisationen werden selten benannt.
Eine sachliche Diskussion über Juden, ohne Kritik u.a. über die jüdische Siedlerbewegung wegzulassen und auch die Kritik von vielen Juden unter anderem auch der von Neturei Karta an der zionistischen Politik gegen die Palestinänser zu zulassen, würde in der Antisemitusdebatte sicherlich nützlich sein.

Leipzscher vor 2 Tagen

Ob die Monitor-Studie dem Tourismus schadet, sei mal dahin gestellt. Fakt ist: das gesellschaftliche Klima in der Region schadet dem Tourismus, weil es potenzielle Übernachtungsgäste abschreckt. Was wollen wir wetten, das Thüringen bei der Entwicklung der Übernachtungszahlen mit am schlechtesten abschneidet?

Im Übrigen: vor knapp 90 Jahren wollten die Braunen auch nicht so schlecht dastehen und haben die "Wir müssen draußen bleiben"-Schilder während der Olymiade entfernt. Deswegen wurden die Gastgeber aber nicht menschenfreundlicher.
Ich halte den Monitor eher für die Darstellung der ungeschminkten Wahrheit, die die Stimmung so darstellt, wie sie ist.

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