Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben

Debatte um VerteidigungsausgabenMilitärexperte Wiegold: Wadephuls Fünf-Prozent-Ziel durchaus realistisch

16. Mai 2025, 18:52 Uhr

Außenminister Wadephul (CDU) unterstützt Trumps Forderung nach fünf Prozent Verteidigungsausgaben und schlägt eine Aufteilung in 3,5 Prozent Verteidigung und 1,5 Prozent Infrastruktur vor. Militärexperte Wiegold hält das für realistisch. Kritik kommt von Grünen und SPD, die auf den Koalitionsvertrag pochen.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte sich am Donnerstag der Forderung von US-Präsident Donald Trump nach einer starken Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf bis zu fünf Prozent der Wirtschaftsleistung angeschlossen. Man folge Trumps Einschätzung, dass dies notwendig sei, sagte der CDU-Politiker bei einem Nato-Außenministertreffen in der Türkei. US-Präsident Donald Trump drängt darauf, dass sein Fünf-Prozent-Ziel im Juni beim Nato-Gipfel in Den Haag beschlossen wird. Bei mangelnder Zusage könnte er seine Teilnahme an dem Treffen absagen.

Aufschlüsselung der fünf Prozent

Wadephul schlug vor, die fünf Prozent aufzusplitten: 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) könnten für klassische Verteidigung aufgewendet werden, weitere 1,5 Prozent für militärisch nutzbare Infrastruktur – etwa Bahnstrecken, panzertaugliche Brücken und erweiterte Häfen. Somit hätte Wadephuls Forderung zumindest teilweise auch einen zivilen Nutzen, für den sonst ohnehin Kosten anfielen. Dieses Modell hatte zuletzt auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte vorgeschlagen.

Im Interview mit MDR AKTUELL sagte Militärexperte und Journalist Thomas Wiegold, dass er diese Aufschlüsselung für "durchaus realistisch" halte. Das 3,5 Prozent des BIP für die Verteidigung ausgegeben werden, halte er für ein Ziel, auf das sich viele Verbündete verständigen könnten. Die 1,5 Prozent für die militärisch nutzbare Infrastruktur könne zudem mit dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen der Bundesregierung finanziert werden. "Dann ist dieses Schreckgespenst, dass fast die Hälfte des Bundeshaushalts für Verteidigung ausgegeben werden müsste, zumindest entschärft", sagte Wiegold.

Wiegold geht davon aus, dass man auch in der Bevölkerung Zustimmung für das Fünf-Prozent-Ziel erhalten könne, wenn deutlich werde, dass "Infrastruktur auch im zivilen Bereich eine große Rolle spielt".

Kritik von den Grünen und der SPD

Die Opposition kritisiert die Aussage von Wadephul über eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Die Grünen warnen vor einer Anbiederung an US-Präsident Donald Trump. "Es wirkt etwas naiv, wenn Außenminister Wadephul denkt, er könne sich bei Präsident Trump anbiedern, indem er unseriös und jenseits des Koalitionsvertrages möglichst große Zahlen in den Raum wirft", sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger der "Stuttgarter Zeitung". Auch Wiegold sagte MDR AKTUELL, dass man den Eindruck bekommen könne, das Wadephul in Washington für "gutes Wetter" sorgen wolle.

Auch aufseiten der SPD als Koalitionspartner hatten sich am Donnerstag schon Parteichef Lars Klingbeil und Verteidigungsminister Boris Pistorius zurückhaltend geäußert. Klingbeil betonte, im Koalitionsvertrag sei verabredet, dass man sich an die Nato-Fähigkeitsziele halten werde. Die Entscheidung darüber werde auf dem Nato-Gipfel getroffen. "Und dann wird sich Deutschland an diese Verabredung halten", sagte der neue Finanzminister. Er rate jedem in der Koalition, sich am Koalitionsvertrag zu orientieren.

CDU-Parteispitze rudert zurück

Bundeskanzler Friedrich Merz versuchte am Donnerstagabend noch, die Debatte zu bremsen: "Diese Diskussion um Prozentzahlen vom BIP, das ist eine Hilfskonstruktion, um mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der Aufrüstung der Streitkräfte gehen", sagte der CDU-Chef in der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner". Stattdessen sollte es seiner Meinung nach mehr um die konkreten militärischen Fähigkeiten gehen.

Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) sagte "Bild": Falls der Nato-Gipfel "ein neues Ziel für die Höhe der Verteidigungsausgaben festlegt, wird das für uns die verbindliche Maßgabe". So sei auch die Aussage des Außenministers zu verstehen.

Bisheriges Ziel: Zwei Prozent

Derzeit sieht das Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben jährliche Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Deutschland erreichte es 2024 knapp. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte kürzlich betont, dass jeder zusätzliche Prozentpunkt die deutschen Verteidigungsausgaben um rund 45 Milliarden Euro steigern würde. Bei einem Fünf-Prozent-Ziel müsste Deutschland demnach rund 225 Milliarden Euro pro Jahr investieren – mehr als das Doppelte der aktuellen Ausgaben.

AFP/dpa/Reuters/MDR (jst)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Mai 2025 | 12:17 Uhr

OSZAR »